Geschichte

Die Pfadfindergruppe Graz 11 wurde 1928 von Eduard „Edi“ Keller ins Leben gerufen. Als eigentliches Gründungsdatum gilt ein Wochenendausflug von Edi Keller, Rupert Felser, Wolfgang Porod und Alfred Pokorn zu einem Steinbruch bei Stift Rein. Pokorn war bereits seit längerer Zeit Pfadfinderfeldmeister gewesen und erzählte den drei anderen Buben am Lagerfeuer von der Entstehung der Pfadfinder. In der Nacht hörten sie im Wald einen Kauz schreien – der Name der ersten Patrulle war somit gefunden! Edi war damals sechzehn Jahre alt und kämpfte mit schlechten Noten in der Schule, schaffte aber zum Glück ein positives Zeugnis und konnte in Folge die G 11 und seine Ausbildung unter einen Hut bringen. Weil sogenannte „Ameisenwurler“ vorbeikamen (Leute, die Ameiseneier als Vogelfutter sammelten), gibt es sogar ein Foto von den vier Burschen vor dem Zelt.

 

Der Ruf des Käuzchens in Stift Rein, v.l.n.r: Alfred Pokorn, Rupert Felser, Edi Keller und Wolfgang Porod

 

Die Keimzelle der G 11 war die Mittelschülersektion der „Marianischen Studentenkongregation“ in der Grazer Stiegenkirche. An diesem Ort fand die G 11 in Folge auch ihr erstes Heim, der Gruppe standen dort ein Zimmer und ein schlossbergseitiges Flachdach zur Verfügung. Von 1930 bis 1937 kam die G 11 im Palais Saurau und dem zugehörigen Garten unter, danach noch ein Jahr in der katholischen Volksschule der Marienbrüder in der Hans-Sachs-Gasse 7. In diesen Jahren wuchs die Gruppe, und insgesamt wurden neben den Käuzen noch vier weitere Patrullen gegründet: die Raben, die Kuckucke, die Häher und die Möven. Im März 1938 marschierten die Deutschen in Österreich ein. Es gab ein abschließendes Treffen, bei dem die Chroniken und Wimpel verteilt und im Anschluss privat versteckt wurden. Die Pfadfindertätigkeit war ab sofort verboten - Soweit es ging, blieb man während des Krieges privat in Kontakt.

Nach Kriegsende überzeugte eine Mutter die Pfadfinder der G 11, die Gruppe wiederzubeleben. Der Wiederaufbau wurde erleichtert durch die englische Besatzungsmacht, die ab Mitte 1945 die Stadt Graz von den Russen übernahm und die Pfadfinderei förderte. Edi war klar, dass es für die Zukunft der Gruppe von höchster Bedeutung wäre, ein eigenes Heim zu aufzutreiben. Im Jahr 1947 fand er schließlich das Objekt in der Strassoldogasse: Ein ehemaliger Reitstall, der zum Palais in der Strassoldogasse 3 gehörte. Das Haus wurde unter der Bedingung gemietet, dass die Pfadfindergruppe es bis Oktober 1947 sanieren müsse. Edi gelang es auch, ein Vorkaufsrecht in den Mietvertrag einzubauen, welches 1949 dabei half, die Liegenschaft zu erwerben. Mit Unterstützung der Caritas war es möglich, das Geld aufzubringen und das Objekt zu kaufen.

 

Das Pfadfinderheim der G 11 im Jahre 1949.

 

1950 kam die Idee auf, den Dachstuhl des Heims anzuheben, um einen voll nutzbaren ersten Stock zu gewinnen. 1951 machte man sich an die Arbeit, die allerdings in einem Fiasko endete: Da der betrunkene Polier nicht aufpasste, fiel am Freitag, dem 13. Juli 1951, um 13:30 Uhr der Dachstuhl in sich zusammen. Mehrere Pfadfinder waren innerhalb und außerhalb gerade am Werken. Dass bei dem Vorfall nichts passierte, grenzt an ein Wunder. Im Anschluss konnte das Haus gerade noch vor dem großen Jamboree, also dem Weltpfadfindertreffen in Bad Ischl, eingedeckt werden.

 

Start der Umbauarbeiten am Pfadfinderheim.

 

Der erste Stock wird aufgemauert.

 

"Rohbau" fertig im Jahre 1951.

 

Aufstockung erfolgreich abgeschlossen!

 

Was die Lager in der Nachkriegszeit angeht, so bekam man sehr bald nach dem Krieg auf einem Lager in Schruns in Vorarlberg Kontakt zu einer Französischen Gruppe. Später lernte man auch eine englische Gruppe kennen. Über diese Kontakte gelang es bis in die 70er Jahre, an Lagern in Frankreich und England teilzunehmen. Danach entdeckte man auch den Norden, zum Beispiel Schweden, und in den 80er Jahren ging es unter anderem auch nach Holland und Irland, sowie nach Griechenland und Italien. Natürlich gab es durchwegs auch Lager im Heimatland Österreich.

 

Lager in Schruns im Jahre 1946.

 

Hinsichtlich des Programms lässt sich sagen, dass bis in die 70er Jahre vor allem Pfadfindertechnik und der Leistungsgedanke im Vordergrund standen. Es wurde als wichtig angesehen, Dinge wie Knoten und Bünde, Feuermachen und Semaphor zu beherrschen und über das Erprobungssystem Abzeichen zu erringen. Bei Landes- und Bundeswettkämpfen nahm die G 11 mitunter sehr erfolgreich teil. Mitte der 70er Jahre wandelte sich das Bild hin zu einem kritischeren Betrachten der Umwelt, und der Leistungs- und Ausbildungsgedanke verlor an Bedeutung. Um auf die Bedürfnisse der  Jugendlichen besser eingehen zu können wurde die bisherige Altersstufe der „Pfadfinder“ (10 – 16 Jährige) aufgeteilt in „Guides und Späher“ (10 – 14 Jährige) und „Caravelles und Explorer“ (14 – 16 Jährige).

 

Verleihung des hohen Abzeichens "Georgsritter" im Jahre 1956.

 

Ab 1972 wurden bei der G 11 auch Mädchen in die Gruppe aufgenommen und es man gründete entsprechende Trupps für „Wichtel“ (7 – 10 Jährige) und „Guides“ (10 – 14 Jährige). Vor allem die Guides expandierten stark, sodass 1982 sogar überlegt wurde, einen zweiten Mädchentrupp in dieser Altersstufe zu gründen. Das „Guidesheim“ im Erdgeschoß des Pfadfinderheims war in den Heimstunden nahezu überfüllt.

 

Guides am Sommerlager in Litschau 1979.

 

Seit Ende der 70er Jahre gab es in der G 11 bei den Altersstufen der „Ranger und Rover“ sowie der „Caravelles und Explorer“ die Koedukation, also ein gemeinsames Programm für Burschen und Mädchen. Ab 1986 setzte sich die Koedukation auch bei den „Wichteln und Wölflingen“ durch, und die „Biber“ wurden 2005 schon von vornherein als koedukativ geführte Altersstufe bei der G 11 eingeführt. Bei den Guides und Spähern gibt es nach wie vor getrennte Burschen- und Mädchentrupps.

Im Jahr 2000 gelang es, unser Pfadfinderheim im Rahmen einer großangelegten Aktion „Heim 2000“ zu sanieren und umzubauen. Insbesondere wurde das Pfadfinderheim nach Süden hin erweitert, sodass im Erdgeschoß ein neuer Raum für die ordnungsgemäße Lagerung des Gruppenmaterials entstand und der darüber liegende Heimabendraum im ersten Stock etwa auf die doppelte Größe anwuchs.

 

Das Pfadfinderheim der G 11 nach dem Umbau im Jahr 2000.

 

Bereits bei mehreren „runden Geburtstagen“ der G 11 gab es große Gruppenlager unter Beteiligung aller Altersstufen und der Altpfadfinder. So fanden 2008 anlässlich des achtzigjährigen Bestehens unserer Gruppe ein Gruppenlager in Admont und 2013 anlässlich des 85ers der Gruppe ein gemeinsames Lager in Edelschrott statt.

 

Der Ruf des Käuzchens

Der Inhalt der vorliegenden Seite gibt nur einen kleinen Einblick in die bewegte Geschichte der Pfadfindergruppe Graz 11. Das Buch „Der Ruf des Käuzchens“ von Norbert Swoboda, in erster Auflage 1998 anlasslich des 70-Jahre-Jubiläums erschienen, ist eine viel tiefergehende Gruppenchronik der G 11 und sollte keinem 11er und Pfadfinderfreund fehlen. 2008 erschien unter der Leitung von Philipp Sturm und Leander Khil bereits die zweite, aktualisierte Auflage dieses Buches. Unter anderem wurde der Anhang überarbeitet und die letzten zehn Jahre seit der ersten Auflage beleuchtet. Auch viele neue Bilder fanden ihren Weg in die neue Auflage des „Ruf des Käuzchens“, die über die G 11 bezogen werden kann.

 

Cover des "Ruf des Käuzchens" (Copyright Lagerfeuer-Foto: Gerhard Walenta)